longitudinaler Stickstofflaser

Der richtige Platz für Beleuchtung, Beamer und Laserbasteleien aller Arten.

Moderatoren: MaxZ, ebastler, SeriousD

Antworten
Benutzeravatar

Thread-Ersteller
CRHV
Beiträge: 571
Registriert: Do 26. Aug 2010, 17:33
Spezialgebiet: Laser
Schule/Uni/Arbeit: SPIE SAG
Wohnort: Annaberg-B.
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 18 Mal

longitudinaler Stickstofflaser

Beitrag von CRHV »

Zurzeit nimmt einiges Formen an. Ich komme endlich dazu, seit Jahren anberaumte Projekte (oder auch „Projektchen“) final umsetzen bzw. abzuschließen.

Stickstofflaser sind allgemein beliebte Selbstbauprojekte. Hab schon einen TE-N2 gebaut und auch mit TEA-Lasern Erfahrung gesammelt. Ein longitudinaler Stickstofflaser hat bisher aber noch gefehlt.
Letzten Freitag hat es mich gepackt und so habe ich in 4 Stunden einen kleinen N2 zusammenimprovisiert. Der Laser war so oder so geplant, ursprünglich allerdings etwas durchdachter und fundierter.

Aber erstmal ein kleiner Rückblick…

[ externes Bild ]

Dieser Aufbau entstand im Juni 2010. Ist also fast 5 Jahre her. Hat nicht funktioniert.

[ externes Bild ]

Der nächste Versuch im April 2011. Hat auch nicht funktioniert.

[ externes Bild ]

Und noch einer vom Juli 2011. Ein Schritt in die richtige Richtung, wenn auch nur halbherzig. Schwachstelle hier war die dünne Laserröhre (die Elektroden lagen nicht exakt in einer Achse, daher hat sich das Glasrohr verbogen) und der „Spiegelsatz“ (Spiegelfliese + Objektträger). War auch ein Schuss in den Ofen.

Jetzt steht ein bisschen mehr Equipment herum. Eine gute Gelegenheit, nach dem Prinzip „Wenn schon, denn schon“ vorzugehen. Damit endlich mal was funktioniert.

Obige Aufbauten wurden recycled und finden sich jetzt im neuen Setup wieder. Lange Rede, kurzer Sinn: aus Fehlern lernt man.
Überarbeitet wurde die Gasversorgung und vor allem der Resonator.

An dieser Stelle also Schluss mit den nervigen O-Ring- gedichteten Druckplatten an den Elektroden. Habe auf ebay recht günstig zwei anständige Spiegelhalter ersteigert, welche die Grundlage für einen gut einstellbaren Resonator bilden. Der Spiegelsatz ist ein UV-Spiegelsatz für Argonlaser. Der OC ist entsprechend hoch reflektierend.

[ externes Bild ]

Die Grundplatte aus Alulegierung (Maße 500x80x10mm) stammt vom Laser im letzten Bild. Da sind die Halter draufgepappt.

[ externes Bild ]

Die externen Spiegel bedingen eine andere Konstruktion der Laserröhre. Die Brewsterfenster stammen von einem Meditec68 (Transportschaden), die Elektroden sind aus Sechskant-Alu (SW19) gedreht. Das 30cm lange Glasrohr mit einem Innendurchmesser von 2,4mm ist mit O-Ringen und Überwurfmuttern gedichtet. Die Laserröhre ist entsprechend an den Elektroden mit der isolierenden Kunststoff-Grundplatte verschraubt. Plexiglasblöcke sorgen für eine korrekte Höhe und großzügig dimensionierte Befestigungsbohrungen erlauben eine geringfügige horizontale Ausrichtung.

[ externes Bild ]

Für einen erfolgreichen Betrieb Laser muss natürlich justiert werden. Die Spiegelhalter sind da sehr angenehm zu handhaben. Nerviger ist, den Justierlaser durch die dünne Glasröhre zu fädeln.

[ externes Bild ]

Zur Gas- und Stromversorgung gibt es nicht allzu viel zu sagen. Luft wird bei einem Druck von einigen Millibar langsam durch das Rohr gepumpt, dazu muss mein Hochvakuum-PS herhalten. Druckmessgeräte und Ventile wurden entsprechend ergänzt, der grundlegende Aufbau ist derselbe wie beim Mangandampflaser.
Die Hochspannung kommt aus einem kleinen Zeilentrafo. Viel ist da nicht los, mehr als 15 bis 20kV liefert der nicht.
Nun aber zum Teil mit den schicken Bildern.

Die Inbetriebnahme ging relativ problemlos vonstatten. Vorbereitung ist alles.
Die Kondensatoren waren ursprünglich zu einer LC-Inversionsschaltung verkabelt, einmal mehr mit dem Ergebnis einer Neonreklame im Schlauch und nicht im Laserrohr. Das musste ich abändern, 2nF werden nun direkt in die Röhre entladen.
Auch die Justierung war nicht absolut korrekt. Da die Beschichtung der Spiegel für sichtbares Licht (und damit auch für das Rot des Justierlasers) nahezu vollkommen transmittierend war, war kein Unterschied zwischen dem von der Beschichtung und dem von der Spiegelrückseite reflektierten Strahl zu erkennen. Ich hatte mir schon in Vorahnung beim Justieren die Einstellung für beide Varianten notiert, was sich als recht nützlich herausstellte. Es waren natürlich die Spiegelrückseiten und nicht die Beschichtungen exakt parallel ausgerichtet :omg: .

Leistungsrekorde stellt der Laser mit dem Spiegelsatz natürlich nicht auf, aber immerhin, er funktioniert sehr gut:

[ externes Bild ]

Da der Laser nicht im Superstrahlungsmodus arbeitet, ist die Divergenz sehr gering. Durch den hochreflektierenden Resonator und der verhältnismäßig langen Anregung sind vermutlich mehrere Umläufe möglich. Der Spot ist auch in etwa 2m Entfernung zum Laser nicht wirklich größer geworden:

[ externes Bild ]

Der Halbkreis über dem Spot stammt von der (auch in diesem Aufbau) geringfügig verbogenen Glasröhre.
Verwunderlich ist, dass der Laser mit nur 15kV ohne irgendwelche Verdopplung und einer 30cm langen Laserröhre überhaupt so gut funktioniert. Als Beispiel benötigt dieser Laser mit LC-Inversionsschaltung und 10cm langer Kapillare im Superstrahlungsmodus 15kV, um überhaupt die Laserschwelle zu erreichen.

…und das obligatorische Video vom Betrieb:



Das Geklacker nervt mit der Zeit ziemlich.

[ externes Bild ]

Fazit: Stickstofflaser basteln ist immer ein schöner Zeitvertreib :)

Gruß CRHV

Physikant
Beiträge: 503
Registriert: Di 28. Apr 2009, 00:03
Danksagung erhalten: 3 Mal

Re: longitudinaler Stickstofflaser

Beitrag von Physikant »

Faszinierend, wie sauber und ordentlich du den Aufbau umgesetzt hast (naja, von den geklebten(?) Spiegelhaltern mal abgesehen ;) ). Habe im Grundpraktikum auch mal nen Laser aufbauen müssen, allerdings nur HeNe. Erinnere mich, was das ein Gefrickel mit den Spiegeln war. Auf die Idee, dass der Justierlaser nicht an der Spiegelfläche reflektiert wird, muss man erstmal kommen!
Gratulation :)
Grüße
Nikolas
Benutzeravatar

stoppi
Beiträge: 1475
Registriert: Mo 29. Mär 2010, 21:39
Danksagung erhalten: 289 Mal
Kontaktdaten:

Re: longitudinaler Stickstofflaser

Beitrag von stoppi »

Wirklich toller Aufbau und danke für die Dokumentation. :awesome:

Einen solchen longitudinalen Stickstofflaser möchte ich auch noch bauen, die Kondensatoren dazu (3 x 700pF/40kV) liegen schon im Schrank. Um deine Drehteile beneide ich dich natürlich. Deshalb wird meiner wohl deutlich rustikaler aufgebaut werden...
Benutzeravatar

Thread-Ersteller
CRHV
Beiträge: 571
Registriert: Do 26. Aug 2010, 17:33
Spezialgebiet: Laser
Schule/Uni/Arbeit: SPIE SAG
Wohnort: Annaberg-B.
Hat sich bedankt: 3 Mal
Danksagung erhalten: 18 Mal

Re: longitudinaler Stickstofflaser

Beitrag von CRHV »

Faszinierend, wie sauber und ordentlich du den Aufbau umgesetzt hast (naja, von den geklebten(?) Spiegelhaltern mal abgesehen ;) ).
Naja deswegen auch oben mein Kommentar- zusammenimprovisiert :D . Ich hatte ursprünglich eine ordentliche Dichtung mit O-Ringen vorgesehen. Dazu hätte ich aber Alumaterial mit einem größeren Durchmesser bestellen müssen, um die Elektroden entsprechend größer machen zu können und mit den Druckplatten hinzukommen. Sollte ich den Aufbau noch einmal überarbeiten, werde ich die Fenster sowieso wieder ausbauen. Kleben ist nie eine Dauerlösung.

Das hatte ich noch vergessen: Brewsterfenster kann man vorzüglich mit Dosenpressluft von Innen reinigen. Sollten sich Staub oder Metallpartikel abgesetzt haben, einfach von unten reinpusten, bis das flüssige Gas alles mitgenommen hat. Danach verflüchtigt es sich ja entsprechend rückstandsfrei.

Wieso „allerdings nur“ HeNe? HeNe-Laser sind um einiges schwieriger zu bauen und auch nicht einfacher zu Justieren. Stickstofflaser haben eine wesentlich höhere Verstärkung und stellen sich in nicht so zickig an, wenn die Laserröhre mal nicht exakt im Resonator positioniert ist. Hatte auch schon einmal das Vergnügen, einen didaktischen HeNe zu justieren. Nicht einfach aber definitiv besser als ALC60X oder so :)
Einen solchen longitudinalen Stickstofflaser möchte ich auch noch bauen, die Kondensatoren dazu (3 x 700pF/40kV) liegen schon im Schrank
Die Caps sind definitiv ein guter Anfang. Melde Dich, wenn Du was brauchst ;) . Die Elektroden sind schnell mal nebenbei mit gedreht und auch Aluspiegel liegen im Bereich des Möglichen.
Antworten