Rotary Gun

Für Basteleien, Messgeräte und physikalische Experimente.

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Zitzewitz
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Zitzewitz »

axonf hat geschrieben: Di 20. Dez 2022, 09:44 Hallo und einen schönen guten Morgen, ich denke mal so ne Steinwurfschleuder ist ne tödliche Präzisionswaffe, und nicht erst schon seit David gegen Goliath.
In den Knast komme ich schon häufig genug, wenn ich gegen meinen Sohn Monopoly spiele. Das muss nicht auch noch in der Realität sein. Also immer schön Löcher in Holzbretter schießen, die wenige Meter weg sind, anstatt das unkontrolliert im Freien abzufeuern.
axonf hat geschrieben: Di 20. Dez 2022, 09:44 Die Flugbahn eines jeglichen Geschosses ist wohl immer ne Parabel, Wurfparabel denn irgendwann kommt ja auch immer mehr die Trägheit zum Tragen. Interessant wäre ja mal die Physik dahinter, und wie weit man da ne Formel ableiten kann, aus ner Kreisbewegung wird man wohl nie ne lineare Bewegung machen können, da brauchts schon einen Linearbeschleuniger :awesome: . Viele Grüße von axonf.
Sicherlich beginnt eine Wurfparabel, sobald das Geschoss aus dem Gerät heraustritt. Aber zumindest bei den anvisierten Geschwindigkeiten und der geplanten Nähe des Ziels kann man die Erdbeschleunigung in guter Näherung vernachlässigen, da das Geschoss so schnell schon am Ziel ist. Sobald die Kugel aus der Kreisbewegung heraus ist, also keine Zentripetalbeschleunigung mehr bekommt, macht sie auf kurze Distanz - wie gesagt - in guter Näherung eine Linearbewegung, dazu braucht man keinen Linearbeschleuniger.
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VDX
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Re: Rotary Gun

Beitrag von VDX »

... wo ich immer noch ein flaues Gefühl im Bauch habe, ist das "Abrollen" der Kugel auf der äußeren Wand.

Kennt ihr den Magnus-Effekt? - bei den alten Kanonen konnte es schonmal passieren, daß eine Kanonenkugel, die um 45° schräge angestellt abgeschossen wurde, nicht beim Gegner, sondern hinter den eigenen Reihen eingeschlagen ist!!

Am besten kennt man das heute bei den Fußballern, wenn die den Ball mit "Drall" abschießen, so daß er keine Parabel fliegt, sondern zusätzlich nochmal horizontal (oder undefiniert schräge) kurvt ...

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Lightsource
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Lightsource »

Kennt ihr den Magnus-Effekt?
Ich hatte erwähnt, dass man das wahrscheinlich dadurch lösen könnte, indem man die Kugel nicht direkt in die Coilgun einkoppelt,
sondern erst in eine Art immer flacher werdenden Schneckengang, dadurch würde der Drall umgelenkt, so dass die Spinachse am Schluss in der
Bewegungsrichtung verläuft. Das ist aber erst nur Theorie in meiner Vorstellung.
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Zitzewitz
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Zitzewitz »

Lightsource hat geschrieben: So 18. Dez 2022, 21:25 Das Argument der Unwucht habe ich ja schon durch ein gleichzeitig laufendes
Gegengewicht entkräftet.
Zunächst habe ich gedacht, dass du Recht hast. Da habe ich mich allerdings getäuscht. Der Dreharm muss ja die Kugel beschleunigen, und in Bezug auf eine Unwucht spielt es keine Rolle, ob er eine Kugel rollt bzw. schiebt oder ob die Kugel am Arm quasi festgeklebt wäre. Somit erzeugt die Kugel eine massive Unwucht. Es bleibt zu hoffen, dass das aber nicht zu einer Schädigung der Welle führt, da die Kugel normalerweise sehr schnell durch die ganz Spirale läuft, d.h. die Unwucht wirkt nur für eine kurze Zeit auf die Welle ein.

Als du im Coilgun-Thread von der Spirale ("Schallplatte") geredet hast, da habe ich es zunächst so interpretiert, dass die Kugel in einer Rille der "Schallplatte" ist und nicht etwa von dem "Tonarm", sondern allein von der Zentrifugalkraft nach außen beschleunigt wird. Das wäre durchaus möglich, und so etwas ähnliches habe ich mir nun ausgedacht.

Zunächst einmal habe ich ausgerechnet, wie schnell eine Kugel beschleunigt wird, die sich am Anfang in der Mitte eines um die Mitte rotierenden geraden Rohrs befindet und dann durch die Zentrifugalkraft nach außen beschleunigt wird:

Beschleunigungsarm1.png
Beschleunigungsarm1.png (29.35 KiB) 763 mal betrachtet

Hier soll ein Vierkant-Rohr (dunkelgrau) auf einer rotierenden Drehscheibe befestigt sein. In der Mitte des Rohrs wurde mit einer Flex ein "Fenster" herausgesägt. Über die Kugel (blau) wird von außen ein rundes Stahlrohr (rot) gestülpt (die Längsrichtung dieses Rohrs ist senkrecht zur Zeichenebene). Durch dieses Rundrohr wird die Kugel nach dem Starten des Motors im Drehzentrum gehalten, so dass sie praktisch keine Zentrifugalkraft erhält. Wenn der Motor die gewünschte Drehzahl erreicht hat, wird das Rundrohr (rot) entfernt. Durch kleine Lageänderungen (wegen Stößen, Rattern, ...) wird die Kugel ein wenig aus dem Zentrum bewegt (nach rechts oder links). Eine am Anfang kleine und dann immer größere Zentrifugalkraft treibt die Kugel nach außen.

Ich habe ausgerechnet, dass der Abstand der Kugel vom Drehzentrum gemäß einer Exponentialfunktion exp(w*t) ansteigt, wobei w die Winkelgeschwindigkeit des Motors ist. Genauer gesagt ist es eine Überlagerung dieser (gewichteten) Funktion exp(w*t) und einer abfallenden Funktion exp(-w*t). Wenn die Kugel am Rand der Drehscheibe bzw. des Rechteckrohrs ist, hat sie in radialer Richtung eine Geschwindigkeitskomponente, die vom Betrag her gleich groß wie die tangentiale Komponente ist.

Nun habe ich folgende Konstruktion:

Beschleunigungsarm2.png

Am Anfang wird auch hier die Kugel durch das Rundrohr (rot) im Drehzentrum gehalten, bis der Motor die gewünschte Drehzahl hat. Dann wird das Rundrohr entfernt. Das andere Rohr (dunkelgrau) ist nun aber gebogen, so dass die Kugel am Ende auf eine Bahn gelenkt wird, die (fast) tangential zum Rand der Drehscheibe ist. Die Kugel geht aus dem Rohr heraus und bewegt sich in dem äußeren Kreis. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, ist die Geschwindigkeit der Kugel dann ca. um den Faktor 1,41 (Wurzel aus 2) größer als die tangentiale Geschwindigkeit der Drehscheibe an einem äußeren Punkt.

Irgendwann kommt die Kugel rechts an den Ausgang und wird in eine lineare Bewegung geführt und verlässt das Gerät. Ein Problem ist Folgendes: Wenn die Kugel gerade dann aus dem dunkelgrauen Rohr herauskommt, wenn sie an der Abzweigung des geraden Ausgangs ist, könnte sie gegen die Spitze der Abzweigung knallen und somit Schäden verursachen. Das wird nicht so oft passieren, aber manchmal schon.

Lightsource
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Lightsource »

Deine Konstruktion könnte funktionieren. Sie erinnert mich an eine Sorte Ballschleudern, die man für Hunde verwendet.
Wichtig wird auf jeden Fall die Form am Ausgang des grauen Rohrs sein.
Eventuell brauchst du noch eine "Entscheidungshilfe" für die Kugel im Zentrum, sonst bleibt sie vielleicht
schon in der Mitte an der Wand hängen.

Nochmals zum Gegengewicht. Auf jeden Fall sollten für solche Maschinen die bewegten Massen ziemlich klein sein, um sie
handhaben zu können. Das Gegengewicht, das ich mir vorstellte, war um den Betrag größer als die Halteschale,
wie die Kugel schwer ist. Somit bekommt man erst, wenn die Kugel frei gelassen wurde, einen Rückschlag.
Gewehre haben auch Rückschlag, also wäre das ja nichts Außergewöhnliches. ;)
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Zitzewitz
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Zitzewitz »

Lightsource hat geschrieben: Mi 21. Dez 2022, 17:43 Deine Konstruktion könnte funktionieren. Sie erinnert mich an eine Sorte Ballschleudern, die man für Hunde verwendet.
Würde mich ja mal interessieren, wie die genau gebaut sind. Hast du einen Link oder einen Namen, damit ich danach suchen kann ?
Lightsource hat geschrieben: Mi 21. Dez 2022, 17:43 Wichtig wird auf jeden Fall die Form am Ausgang des grauen Rohrs sein.
Warum ? Welche Form wäre vorteilhaft und welche weniger ?

Als ich Berechnungen zu meiner Konstruktion vorgenommen habe, habe ich den Drall (Drehimpuls) der Kugel bislang vernachlässigt und immer so getan, als ob beschleunigende Kräfte im Schwerpunkt angreifen.

Wenn man das Rundrohr entfernt, braucht es, sobald die Kugel mal ein wenig aus dem Zentrum entfernt ist, vermutlich weniger als eine Motorumdrehung, bis sie durch die Zentrifugalkraft aus dem grauen Rohr raus ist und auch weniger als eine weitere, bis sie dann am Ausgang ist. Bei der Drehzahl von 3000 / min = 50 /s wäre eine Umdrehung also 20 ms. Ich glaube eher nicht, dass die Kugel da schön sauber entlang eines Randes des Rohrs abrollt, sondern eher dahin stößt, sich ein wenig entfernt, dann durch die Zentrifugalkraft wieder an die Wand geht usw.

Den Magnus-Effekt kannte ich zuvor noch nicht. Sicher will ich die Kugel nicht an den Kopf bekommen, obwohl das Auslassrohr in die andere Richtung zeigt. Einen Drall könnte man sicher verhindern, wenn man keine Kugel nimmt, sondern ein Geschoss in einer Form wie bei einer Pistole, und wenn man die Kanäle entsprechend eng macht. Dann hat man viel Reibung, v.a. bei kurvenförmigen Kanälen. Die Frage ist, ob die Reibung im Vergleich zur anfänglichen Energie ins Gewicht fällt.

Lightsource
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Lightsource »

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Prof. Radon
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Prof. Radon »

Warum die Kugel nicht einfach in ein rotierendes System fallen lassen?
Sprich, du baust ein Schwungrad so ähnlich wie im Bild. Wenn du auf zwei Seiten eine Aussparung für die Kugel lässt, hast du erstmal das Problem mit der Unwucht gelöst. Dann kannst du das Schwungrad auf Touren bringen. Je nach Masse, Geometrie und Drehzahl ist dann in dem Schwungrad Energie gespeichert. Die Kugel wird dann eben nicht kontinuierlich beschleunigt, sondern bekommt einen Impuls - so wie beim Billard.
Glaube mit der richtigen Geometrie könnte das funzen.
...
Ja, hab es - funzt. Was du suchst ist eine Baseball Pitching Machine. Arbeitet ziemlich nach genau dem Prinzip. Müsstest es eben entsprechend skalieren für kleine Metallkugeln. Aber wenn die damit Basebälle auf 70 mph bekommen... Sieht aus als ob die einfach ein Schubkarrenrad und einen Elektromotor verwenden. Oh Gott, bin gerade am Überlegen was passiert, wenn man ein 28" Fahrrad-Rad nähme und das auf 3000 rpm bringt. Wenn man außen herum noch ein Gehäuse baut, so dass nur eine Öffnung am Auslass bleibt, würde in der Apparatur sogar ein Unterdruck entstehen (Zentrifugallüfter), so dass das Teil die Kugeln aus dem Magazin regelrecht einsaugt. Diesen Lüftereffekt könnte man noch verstärken, wenn man zwischen den Speichen "Segel" anbringt.

3000 rpm bei 28" wären 35,5 m/s
6000 rpm 71 m/s
12000 rpm 142 m/s
24000 rpm 284 m/s
...
Ja gut, die Schallmauer bricht man damit wohl nicht. Irgendwann zerlegt es eben das Rad. Wäre aber durchaus mal ein Interessantes Projekt...
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Zitzewitz
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Zitzewitz »

Erst mal frohe Festtage !
Prof. Radon hat geschrieben: Fr 23. Dez 2022, 19:59 3000 rpm bei 28" wären 35,5 m/s
6000 rpm 71 m/s
12000 rpm 142 m/s
24000 rpm 284 m/s
Mir scheint, du hast überall einen Faktor von Pi = 3,14 vergessen. Für einen Durchmesser von 28'' = 0,711 m komme ich auf:
bei 3000 rpm : 111,7 m/s
bei 6000 rpm : 223,4 m/s
bei 12000 rpm : 446,7 m/s > Schallgeschwindigkeit (343 m/s)
bei 24000 rpm : 893,7 m/s
Prof. Radon hat geschrieben: Fr 23. Dez 2022, 19:59 Warum die Kugel nicht einfach in ein rotierendes System fallen lassen?
Sprich, du baust ein Schwungrad so ähnlich wie im Bild. Wenn du auf zwei Seiten eine Aussparung für die Kugel lässt, hast du erstmal das Problem mit der Unwucht gelöst. Dann kannst du das Schwungrad auf Touren bringen.
Das Problem ist, dass die Kugel durch die Gewichtskraft irrsinnig langsam aus dem Stillstand beschleunigt wird, wenn man "nur" mal eine Drehzahl von 3000 rpm = 50 / s (Periodendauer 20 ms) annimmt. Bekanntlich hat man beim freien Fall (aus dem Stillstand heraus) nach der Zeit t den Weg 0.5*g*t*t = 0.5*9.81 m/(s*s) *t*t. Wenn man will, dass die Kugel nur einen Zentimeter gefallen ist, braucht man dafür die Zeit t = 45 ms. Das ist dann doch "etwas" zu lange, wenn eine ganze Umdrehung 20 ms braucht.
Prof. Radon hat geschrieben: Fr 23. Dez 2022, 19:59 Je nach Masse, Geometrie und Drehzahl ist dann in dem Schwungrad Energie gespeichert. Die Kugel wird dann eben nicht kontinuierlich beschleunigt, sondern bekommt einen Impuls - so wie beim Billard.
Glaube mit der richtigen Geometrie könnte das funzen.
Naja, ob das dann noch ein elastischer Stoß ist ? Bei 117 m/s = 424 km/h Stahl gegen Stahl ? Die Chacen könnten größer sein, wenn man im rotierenden System eine entsprechend dimensionierte Feder einbaut, so dass die Kraftübertragung auf die Kugel auf ein gewisses Zeitintervall ausgedehnt wird.
Prof. Radon hat geschrieben: Fr 23. Dez 2022, 19:59 Ja, hab es - funzt. Was du suchst ist eine Baseball Pitching Machine.
...
Wenn man außen herum noch ein Gehäuse baut, so dass nur eine Öffnung am Auslass bleibt, würde in der Apparatur sogar ein Unterdruck entstehen (Zentrifugallüfter), so dass das Teil die Kugeln aus dem Magazin regelrecht einsaugt. Diesen Lüftereffekt könnte man noch verstärken, wenn man zwischen den Speichen "Segel" anbringt.
Unterdruck ins Spiel zu bringen, könnte eine interessante Idee sein. Ich gehe mal davon aus, dass bei der "Baseball Pitching Machine" der Ball, da er einen Ledermantel hat, durch die rotierende Scheibe "gegriffen" werden kann. Das geht bei einer Stahlkugel nicht - es sei denn die Scheibe hat außen z.B. Leder.
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Prof. Radon
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Prof. Radon »

Ah, du hast Recht - ich hab schön brav von Zoll in Meter umgerechnet und π dann einfach vergessen. Mit den richtigen Zahlen steigt der Interessant-Faktor von interessant auf sehr interessant. 3000 rpm sollten mit einem Fahrrad-Rad noch zu schaffen sein, auch wenn ich mich auf keinen Fall auf die Fluchtachse stellen würde. Ein vernünftiges Gehäuse wie bei einer Waschmaschine wäre bei so einem Aufbau absolute Pflicht. Also 1 mm Stahl Minimum, besser mehr - wenn man das Ding unter Kontrolle hat kann man später immer noch optimieren. Ich glaube bei diesen Drehzahlen müsste man auch unbedingt die Unwucht vom Ventil beachten und ein entsprechendes Gegengewicht anbringen. Der Rest zieht sich hoffentlich beim Anlauf hin. Gerade nachgesehen, Kreissägen liegen so in der Größenordnung 4250 rpm. Wenn irgendwer so ein Ding aufbauen will, sollte er aber auf jeden Fall mit Wechselrichter arbeiten um sich langsam an die maximale Drehzahl ranzutasten. Allein der Sound von so einer Anlage muss schon absolut göttlich sein, wie ein Fliegeralarm oder so.
Die Baseball-Pitching-Maschine sieht so aus, als ob sie einfach über die relativ hohe Haftreibung des ledernen Baseballs und das Gummi des "Schubkarrenrades" arbeitet. Das finde ich einen schön billigen Ansatz, weil durch die Elastizität von Baseball und Reifen kleine Toleranzen einfach rausgemittelt werden und der Ball dann während der Beschleunigungsphase zwischen Rad und Außenwand langrollen kann, wie eine Kugel in einem komischen Kugellager. Allerdings gebe ich dir Recht und sehe das größte Problem auch darin, die Kugel aus der Ruhelage zum Antritt ihrer Reise zu bewegen. Von "springt einfach wieder ins Magazin zurück" bis "alles explodiert direkt" würde ich da erstmal nichts ausschließen. Feder ist ein möglicher Ansatz. Könnte mir auch einen Hubmagneten vorstellen, der die Kugel aus einem Vorhalt direkt auf das laufende Rad drückt. Den Stößel des Hubmagneten könnte man so feilen, dass er im ausgefahrenen Zustand hinreichend exakt mit der Außenwand abschließt. Hubmagnet hat den mitgelieferten Vorteil, dass die Haltkraft in dem Moment, in dem die Kugel das Schwungrad berührt maximal wird. Wenn das mit dem Hubmagneten aus irgendwelchen Gründen nicht klappen sollte, könnte man noch voll verzögert gehen und es mit Pressluft, einem Hubkolben und einem Magnetventil versuchen. Glaube aber ein Hubmagnet würde schon reichen und ein Magazin mit Hubmagnet als Auswerfer müsste für einen Laien noch gut beherrschbar sein: ein Kupferrohr, auf der einen Seite verschließen, Feder rein, Auflageplättchen, auf der anderen Seite ein Winkel ans Rohr, Loch außen in den Knick und da den Hubmagneten durch arbeiten lassen. Eventuell zwei Hubmagnete die man abwechselnd ansteuert um die Kugeln zuverlässig zu vereinzeln.
Werde im neuen Jahr mal unseren Konstrukteur befragen, wie der das machen würde und ob ihm noch irgendwas einfällt was man unbedingt beachten sollte.

Während des Schusses hat man zumindest kurzzeitig eine Unwucht im System. Im schlimmsten Fall fängt das Rad dann an zu flattern, schaukelt sich auf und explodiert. Denke aber mal das ist wie bei meiner Waschmaschine drehzahlabhängig: bei niedrigen Schleudergängen poltert die komischerweise mehr rum als bei höheren Drehzahlen. Ein Resonanzphänomen... Sollte man bei Versuchen bedenken: also wenn du merkst es es fängt an zu vibrieren dann schnell die Drehzahl senken oder erhöhen, bloß weg von da wo du gerade bist. Und wenn man die Resonanzfrequenzen kennt, setzt man sich mit den Schussfrequenzen natürlich möglich weit weg davon - dann poltert es im besten Fall nur mal kurz.

Gerade noch ein Video angeschaut: https://youtu.be/gAFmR2RCRzg?t=132
Wenn man mit mehreren Schwungrädern arbeitet, kann man dem Ball einen ziemlich genau definierten Drall geben. Man könnte mit so einem Teil dann also zumindest auch ein bisschen "um die Ecke" schießen. Allerdings gibt es bei dem Design mit 3 Schwungrädern keinen Ort mehr an dem ich stehen könnte, ohne mir die Hosen vollzuscheißen. Also wenn, dann erstmal mit einem Rad anfangen und die Sache mit drei Rädern im Hinterkopf behalten. Wäre extrem geil dann mit einem Mikrocontroller die Drehzahlen so zu steuern zu können, dass die Kugel verschiedene Ziele trifft, ohne dass man die ganze Apparatur bewegen muss. Ein bisschen wie diese Maschinenpistolen im Film "das fünfte Element." Natürlich mit deutlich größeren Bahnradien, aber allein das Prinzip zu erforschen wäre lustig und wenn es gelingt vielleicht einen gut bezahlten Posten in der Entwicklungsabteilung von Rheinmetall wert. Glaube allerdings, dass militärisch nutzbare Mündungsgeschwindigkeiten dann mit einem unverhältnismäßig klobigen Aufbau daherkommen der von klassischen Sprengstoffkanonen dann wieder gnadenlos ausgestochen würden. Ich meine, 200 m/s reichen locker um jemandem den Schädel zu zertrümmern - Flugzeuge und Raketen lächeln da aber nur müde, weil hoffnungslos außer Reichweite.

Mja, meine Fähigkeiten reichen für so einen Aufbau nicht aus. Bin zwar zuversichtlich, dass ich die Elektronik hinbekäme. Bleche schneiden, formen und schweißen ist aber nicht so meins...

Euch auch ein frohes und besinnliches Weihnachstfest.
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Alexander470815
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Alexander470815 »

Ziemlich optimistisch davon auszugehen dass das Rad vom Fahrrad bei 400km/h noch an einem Stück bleibt.
Das sind durchaus schon die Bereiche wo es zu deutlichen Festigkeitsproblemen bei den verfügbaren Werkstoffen kommt.
Nicht ohne Grund gibt es keine solchen Systeme. Es macht schlichtweg keinen Sinn sowas zu bauen außer für mäßige Geschwindigkeiten.
Also einen Ball irgendwo hin beschleunigen ja auf jeden Fall, eine kleine Stahlkugel mit viel mehr Geschwindigkeit wohl eher nicht.
Prof. Radon hat geschrieben: Sa 24. Dez 2022, 16:32 Gerade nachgesehen, Kreissägen liegen so in der Größenordnung 4250 rpm.
Aber nicht die mit 700mm Blattdurchmesser.
Üblich sind Schnittgeschwindigkeiten bis 3000m/min -> 50m/s bei Holz.
Die absolute Maximaldrehzahl liegt noch etwas höher.

mit 1mm Stahl braucht man da nicht anfangen eine Umhausung zu bauen.
Da kann man sich an Zentrifugen orientieren, ich habe mal so eine Fischer Scientific Biofuge auseinander gebaut die hatte bereits einen 12mm dicken Stahl Mantel.
Die Ultrazentrifuge hatte bereits einen 40mm dicken Stahlmantel um den Rotor...
Wie gesagt, nicht ohne Grund baut niemand sowas.
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Prof. Radon
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Prof. Radon »

Alexander470815 hat geschrieben: Sa 24. Dez 2022, 23:15 Ziemlich optimistisch davon auszugehen dass das Rad vom Fahrrad bei 400km/h noch an einem Stück bleibt.
Mit 400 km/h über Stock und Stein und Bordsteinkanten - sicher nicht. Jedenfalls nicht mit einem gewöhnlichen Rad aus einem gewöhnlichen Fahrradladen. Aktueller Weltrekord beim Fahrradfahren liegt jedoch bei 280 km/h: https://youtu.be/-gKGNzCNSYA
Kann mir zumindest gut vorstellen, dass ein gewöhnliches Rad unter "idealen Bedingungen" ziemlich lange mitmacht. Stahl hat eine Zugfestigkeit von mindestens 37 kg / mm² (Speiche).
Warte...
F = m * v² / r
F = 1kg * 100 m/s / 0,5
F = 20000 N ~ 200 kg
Also ein Rad von 1 m Durchmesser, welches 1 kg wiegt und bei dem die gesamte Masse im Reifen konzentriert ist, käme theoretisch mit 10 Speichen á 1 mm² noch ganz gut hin. Ich meine wenn ich morgens zur Arbeit radel wirken da noch ganz andere Kräfte auf die Speichen ¯\_(ツ)_/¯
Spoiler:
Nein, ich spreche nicht von Fliehkräften.
Ich sehe die größte Gefahr bei so einem System wirklich in irgendwelchen Resonanzen die zu sich aufschaukelnden Vibrationen führen. Das ist aber in der Industrie nicht unüblich, durch solche Resonanzen einfach durchzufahren. Kreissägen und Waschmaschinen machen das auch. Wenn Zitzewitz oder irgendwer sonst so ein System wirklich aufbauen will, muss er das eben beachten. Glaube niemand hier wäre so irre, so eine Apparatur komplett am Reißbrett zu entwerfen und dann gleich von 0 auf 100% auszufahren. Und selbst wenn: so lange eine Kamera läuft kann man die entstandenen Sach- und Personenschäden durch die Vermarktung des Videos sicher wieder einspielen.
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McGaiver
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Re: Rotary Gun

Beitrag von McGaiver »

Mir fällt da nur eines ein:
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mfg
Chris
BRZRRZZRZRTRZRRZRZTRTRT.... xD was war das denn ^^
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Zitzewitz »

McGaiver hat geschrieben: So 1. Jan 2023, 18:41 Mir fällt da nur eines ein:

mfg
Chris
Danke, ich hab' dich auch lieb.
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Alexander470815
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Re: Rotary Gun

Beitrag von Alexander470815 »

Hier mal ein Bild von der Ultrazentrifuge in der ähnlich Energien in drehenden Teilen gespeichert wurden:
Wird nicht ohne Grund so stabil sein...
IMG_20191028_172458_876.jpg
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