Thyristorfragen

Für Netzteile, NF-/HF-Verstärker, Reparaturen und allgemeine Elektronikprojekte.

Moderatoren: MaxZ, ebastler, SeriousD


Thread-Ersteller
oglbi
Beiträge: 254
Registriert: Sa 26. Okt 2019, 14:38
Danksagung erhalten: 33 Mal

Thyristorfragen

Beitrag von oglbi »

Hi

Ich bin hier neu. Vor 25 Jahren habe ich mal was mit Elektrotechnik gelernt und bin dann in der IT versumpft.
Bei meinen Gehversuchen haben sich Fragen gestellt, die ich den Profis stellen moechte.

Ich moechte eine Kondensatorbank mit knapp 400V und 76mF ueber einen Thyristor auf 2m Kupfer mit 2 Windungen entladen.
Es ist also keine nennenswerte, helfende Spule im Spiel. Zu diesem Zweck habe ich mit einen Thyristor MCD161-22IO1 genommen.
Ich habe ihn mit einem 5v-Netzteil und Vorwiderstand gezuendet. Die Trockenversuche mit Gluehbirnen gingen wunderbar.
Der erste ernsthafte Versuch schickte den Tyristor bei 200V in den Thyristorhimmel.
Jetzt ist er in beide Richtungen ein Leiter. Das buche ich unter Lehrgeld ab.
Jetzt moechte ich aber verstehen, was ich falsch gemacht habe.

Ansteuerung:
Ich habe mit aus dem Diagramm Ug/Ig herausgelesen, dass bei Ug=1v ca 0.2A fliessen.
Zur Vefuegung steht mir ein 5V Schaltnetzteil. Deshalb nehme ich einen 24Ohm-Widerstand
dass bei diesem Strom 4V am Widerstand abfallen.

Stromanstieg
Der Thyristor haette ein paar kA machen muessen. Allerdings ist das auch kein Laborversuch mit
Sinuskurven. Den Stromanstieg kann ich nicht einschaetzen.

Was habe ich falsch gemacht?
Wie macht ihr das?

Alex
Benutzeravatar

stoppi
Beiträge: 1475
Registriert: Mo 29. Mär 2010, 21:39
Danksagung erhalten: 289 Mal
Kontaktdaten:

Re: Thyristorfragen

Beitrag von stoppi »

Hallo!

Datenblatt deines Thyristors: https://uk.rs-online.com/web/p/thyristo ... s/0194114/

Surge Current Rating: 6.4kA

Schau dir einmal die Formel (siehe Anhang) zum elektrischen Schwingkreis an. Schätze danach die Werte für R und L ab und berechne den zu erwartenden Maximalstrom. Ich tippe, dass du über 6400A kommst...
Dateianhänge
coilgun_27.jpg
Benutzeravatar

Multi-kv
Beiträge: 3214
Registriert: Di 30. Jun 2015, 20:45
Spezialgebiet: Informatik
Wohnort: Nähe Heidelberg
Hat sich bedankt: 349 Mal
Danksagung erhalten: 204 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von Multi-kv »

Ich habe mal 2 x 1F Kondensatoren mit nur 15V über einen großen Thyristor entladen und die Stromkurve aufgezeichnet: Da flossen 6300 A!
viewtopic.php?f=2&t=63584&hilit=Thyrist ... 15#p284509

Ich vermute auch, dass Du da deutlich drüber kommst, hängt im wesentlichen vom Leitungswiderstand und dem Innenwiderstand des Caps ab.
Evtl. war der Thyristor auch nicht ganz sauber durchgesteuert, deiner braucht z.B. 150 mA Haltestrom mind.

Thread-Ersteller
oglbi
Beiträge: 254
Registriert: Sa 26. Okt 2019, 14:38
Danksagung erhalten: 33 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von oglbi »

Wenn ich mich nicht vertan habe komme ich im worst case (400V) auf 30kA.
Dann ist das mit Thyristoren aber schon eine haessliche Sache.
Benutzeravatar

Multi-kv
Beiträge: 3214
Registriert: Di 30. Jun 2015, 20:45
Spezialgebiet: Informatik
Wohnort: Nähe Heidelberg
Hat sich bedankt: 349 Mal
Danksagung erhalten: 204 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von Multi-kv »

Naja, das ohmsche Gesetz gilt ja auch immer noch. Kommt auf die Leitungsquerschnitte an, damit kannst Du es ja etwas regeln.
Aber irgendwas im Bereich von 10 kA++ mußt Du wohl schon rechnen. Es gibt schon Thyristoren die das leisten können.
Evtl. hast Du deinen auch nicht richtig angesteuert, der muß wirklich ganz aufmachen. Kann auch sein, dass das dI/dt einfach zu groß war,
bei 400V mit kleinem Leitungswiderstand fließt der höchste Strom in den ersten us.
Benutzeravatar

MaxZ
Beiträge: 1168
Registriert: So 28. Jun 2015, 10:20
Schule/Uni/Arbeit: Mechatronik, Karlsruher Institut für Technologie
Wohnort: Luxemburg / Karlsruhe
Hat sich bedankt: 261 Mal
Danksagung erhalten: 162 Mal
Kontaktdaten:

Re: Thyristorfragen

Beitrag von MaxZ »

Thyristoren zünden in einem Punkt, und von dort aus breitet sich der leitende Bereich aus, bis das Ding komplett leitet. Mit nem Widerstand und nem Netzteil zünden mag für „normale“ Nutzungsszenarien vollkommen ok sein, bei Spitzenbelastungen wie hier ist das aber nicht gut. Die Zündung ist zu langsam, und der Strom fließt durch eine viel zu kleine Fläche, was zur Zerstörung führt.
Sinnvoll wäre eine Zündschaltung bestehend aus einem (sehr niederohmigen!) Widerstand und einem kleinen Kondensator. Der Widerstand soll nur so groß sein, dass das Gate keinen Schaden nimmt. Dank des Kondensators kannst einen möglichst hohen und schnell ansteigenden Gate-Strom liefern, der den Thyristor schnellstmöglich durchschaltet.

Liebe Grüße,
Max

Thread-Ersteller
oglbi
Beiträge: 254
Registriert: Sa 26. Okt 2019, 14:38
Danksagung erhalten: 33 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von oglbi »

Wenn das Schaltnetzteil den Strom zu langsam liefern wuerde dann wuerde ein paralleler Kondensator helfen.
Du meinst aber was anderes. Ich sollte im Korridor der Ug/Ig-Kennlinie viel weiter nach rechts oben gehen
(immer unter Beruecksichtigung der zeitlichen Komponente tau und den Maximaldannkaputtwerten).
Eigentlich muesste ich mir jetzt ein Oszi besorgen und beide Varianten ansehen/kontrollieren.
Benutzeravatar

kilovolt
Beiträge: 13364
Registriert: So 25. Feb 2007, 09:50
Hat sich bedankt: 685 Mal
Danksagung erhalten: 441 Mal
Kontaktdaten:

Re: Thyristorfragen

Beitrag von kilovolt »

Hallo oglbi

Willkommen im Forum :)

Wenn Du noch kein Scope hast, solltest Du Dir schleunigst eines zulegen, ganz unabhängig von diesem Fall hier. Wenn man sich ernsthaft mit Elektronik beschäftigen will, ist ein Scope so wichtig wie ein vernünftiger Lötkolben oder ein Multimeter. Gehört halt einfach zur Grundausstattung. Ausserdem sind die Geräte ja meist schon recht günstig zu haben, wenn man keine speziellen oder übertriebenen Ansprüche stellt.

Mit dem Rest sehe ich es so wie meine Vorredner. Bei einer niederohmigen und niederinduktiven Entladung eines Kondensators hat man schnell Ströme im Bereich von mehreren Kiloampère.

Gruss kilovolt
Alle Angaben meinerseits ohne Gewähr! Ich lehne jegliche Haftung für Personen- und/oder Sachschäden ab. Jeder ist für seine Sicherheit selber verantwortlich.

http://www.kilovolt.ch
Benutzeravatar

Bastl_r
Beiträge: 1180
Registriert: So 21. Mär 2010, 04:32
Hat sich bedankt: 64 Mal
Danksagung erhalten: 94 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von Bastl_r »

Hallo

Ähh
oglbi hat geschrieben:Ich moechte eine Kondensatorbank mit knapp 400V und 76mF
Das sind etwa 6kJ! :mosh:
Da kann Dir auch das anschließende Ringing den Thyristor abgeschossen haben...
Ich hatte mal einen etwa 8cm messenden Scheibenthyristor, hatte. Der sollte mit eine ähnlich große Bank schalten. Einmal hatte er das geschafft
:wotan:

Ansonst hab ich hier 2x ca200mF @ 350V
Wenn ich die in Serie mit einer Delonschalltung auf 600V lade brauch ich keinen Schalter. Da helfen nur noch zwei per Hammer betätigte Stromschienen und alles unter 10mm² dient als Sicherungsstreifen.

bastl_r
Benutzeravatar

Multi-kv
Beiträge: 3214
Registriert: Di 30. Jun 2015, 20:45
Spezialgebiet: Informatik
Wohnort: Nähe Heidelberg
Hat sich bedankt: 349 Mal
Danksagung erhalten: 204 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von Multi-kv »

Bastl_r hat geschrieben:Hallo

Ähh
oglbi hat geschrieben:Ich moechte eine Kondensatorbank mit knapp 400V und 76mF
Das sind etwa 6kJ! :mosh:
Da kann Dir auch das anschließende Ringing den Thyristor abgeschossen haben...
Ich hatte mal einen etwa 8cm messenden Scheibenthyristor, hatte. Der sollte mit eine ähnlich große Bank schalten. Einmal hatte er das geschafft
:wotan:

Ansonst hab ich hier 2x ca200mF @ 350V
Wenn ich die in Serie mit einer Delonschalltung auf 600V lade brauch ich keinen Schalter. Da helfen nur noch zwei per Hammer betätigte Stromschienen und alles unter 10mm² dient als Sicherungsstreifen.

bastl_r
Stimmt, bastl_r, das ist auch ein wichtiger Punkt!
Die Energiemenge hatte ich hier gar nicht überschlagen, habe die 76mF eher als Mikrofarad gesehen...
6kJ sehr impulsartig entladen, das macht so gut wie kein Thyristor mit, evtl. ganz große Industriemonster!
Ich schätze, der geht in den ersten 10 us hopps, genau wenn er anfängt zu zünden und dann dieser Energiestoss kommt.
Der muß dann sehr sehr schnell voll durchschalten und auch das würde er kaum überleben!

Thread-Ersteller
oglbi
Beiträge: 254
Registriert: Sa 26. Okt 2019, 14:38
Danksagung erhalten: 33 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von oglbi »

Das war schon richtig mit milli.
Zum Thema Scheibenthyristoren habe ich hier schon des oefteren gelesen, dass die ohne Vorspannung sowiso schneller hops gehen.
Wenn das komplizierte Drumrum nicht waere, waeren die echt interessant.
Das mit dem mechanischen Schalter ueberlege ich auch gerade.
Ich lade uebrigends mit Ueff=140V aus Regeltrafo ueber 90µF Villard.

Thread-Ersteller
oglbi
Beiträge: 254
Registriert: Sa 26. Okt 2019, 14:38
Danksagung erhalten: 33 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von oglbi »

Ich habe mir 2 ernsthafte Thyristoren zugelegt und starte nun einen neuen Versuch doch keine Briefbeschwerer zu erzeugen.
Ich habe mir eine einfache Schaltung zusammengeloetet. Sie laed einen Kondensator ueber einen grossen Widerstand auf. Per Taster entlade ich den Kondensator ueber das gate.
Jetzt habe ich zum Testen (ohne Thyristor) erstmal den Ausgang kurzgeschlossen und messe den Strom (habe mit demOszi geuebt!) ueber einen sehr kleinen Reihenwiderstand zum gate.
Deshalb weiss ich dass bei der Schaltung (Uc/Rklein) 9A fliessen. Dann schaue ich in das Datenblatt und frage mich wo ich landen will.
5V/10A spielt sich in 8µs ab. Das muesste doch dann passen (auch wenn es ganz rechts oben ist).
Oder mache ich einen Denkfehler bzw man macht das anders?
Dateianhänge
tz740n_ugig.PNG
tz740n_ugig.PNG (41.19 KiB) 3104 mal betrachtet

EL12
Beiträge: 452
Registriert: Sa 14. Feb 2015, 00:41
Spezialgebiet: Chemie
Wohnort: Schweiz
Hat sich bedankt: 40 Mal
Danksagung erhalten: 52 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von EL12 »

Ich bin gespannt, wob du das mit einem Thyristor hinbekommst. Ich habe auch noch irgendwo so ein Teil aus einer Lokomotivensteuerung oä. herumliegen, der kann auch Gigantische Leistungen schalte, der muss aber, soweit ich weiss mit einigen hundert kg gepresst werden, um der Elektromechanischen Kraft entgegenzuwirken...

Wenn du das nicht mit Halbleitern hinbekommst, könte man auch ein Schalter bauen, der z.B. durch eine starke Feder einen massiven Kupferkeil zwischen zwei Kupferblöcke schiesst. Mit einem grösseren Hebel könnte man dann die Feder wieder spannen und den eventuel zugeschweissten schalter wieder öffnen. Baut man das ganze rund mit einer Spitze auf (ähnlich wie ein Nadelventil...), wäre es relativ einfach die Konusfläche der Kontakte bei zu grossem Verschleis wieder zu überdrehen oä.
Eventuell könnte man auch Graphit verwenden (falls man das genügend niederohmig hinbekommt), dann hätte man das Problem mit dem festschweissen gelöst. Anstelle der Feder könnte man den Kontakt auch mit einem Geschoss Betätigen, welches mit Druckluft bewegt wird, so könnte man eventuell noch schnellere Einschaltzeiten realisieren...

Thread-Ersteller
oglbi
Beiträge: 254
Registriert: Sa 26. Okt 2019, 14:38
Danksagung erhalten: 33 Mal

Re: Thyristorfragen

Beitrag von oglbi »

Du meinst Scheibenthyristoren (Diskusscheibe). Die brauchen Vorspannung.
Mechanische Loesungen hatte ich mir ueberlegt ..aber ich bin nunmal nicht der grosse Mechanikus.
Der Thyristor den ich jetzt verwenden will ist einer (zum Glueck) im Modulgehaeuse (Klotz).
Benutzeravatar

Phoenix6478
Beiträge: 587
Registriert: Do 10. Sep 2015, 11:38
Spezialgebiet: (QCW)DRSSTC, Leistungselektronik
Hat sich bedankt: 261 Mal
Danksagung erhalten: 307 Mal
Kontaktdaten:

Re: Thyristorfragen

Beitrag von Phoenix6478 »

Hallo

Welchen Thyristor hast Du dir genau zugelegt?

Grüße
Phoenix
Antworten