Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

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Multi-kv
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Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

Beitrag von Multi-kv »

Hallo Leute,

nachdem ich die Diskussion schon im Thread der "kleinen Projekte" losgetreten hatte (wo sie eigentlich nicht hingehört)
siehe hier: http://forum.mosfetkiller.de/viewtopic. ... start=2310,
mache ich hier mal ein neues Thema auf, damit man es ggf. auch mal wiederfindet ;)

Habe jetzt nochmal versucht etwas genauer mit dem Oszilloskop die Wirkleistungsaufnahme von kleinen Laptop-Schaltnetzteilen
(hier Lenovo 90W 20 V, 4,5 A) bei verschiedenen Belastungen zu messen und daraus den Wirkungsgrad zu ermitteln.

Kurz zum Testaufbau:
SNT über Variac an 100 V AC angeschlossen (Eingangsbereich 100 - 240 V AC) und über Shunt (10,4 Ohm) in der Neutralleitung
per 10:1 Meßsonde den Eingangssstrom gemessen. Auf dem 2. Kanal (B) habe ich die Phase (Schleiferabgriff des Variacs) ebenfalls
per Meßsonde 10:1 gemessen. Parallel Ausgangsspannung und Strom am jeweiligen Testwiderstand (ca. 39 - 300 Ohm) für die sek.
Wirkleistung gemessen. Dann versucht am Oszilloskop die Phasenverschiebung zwischen Spannung und Strom zu ermitteln und daraus
den Korrekturfaktor cos phi für die Wirkleistung zu ermitteln. I.d.R. hinkte der Strom der Spannung etwas hinterher bis zu knapp 36 Grad
(10 div je Periode), was auf überwiegend induktiven Blindstrom schließen lässt.

Hier mal die Meßergebnisse mit meinen Berechnungen:

[ externes Bild ]

Bitte gerne schonungslos kommentieren :headbang:

Bin nicht sicher, ob ich die Phasenverschiebung korrekt interpretiert habe und ob die Berechnungen so stimmig sind.
Es zeigt sich, das bei kleiner Auslastung nur mit einem schlechten Wirkungsgrad von gut 50% zu rechnen ist, der aber mit
steigender Last besser wird. Immerhin wird das SNT hier nur mit max. ca. 10% belastet (was aber häufig realen Situationen entspricht,
wenn die Netzteile ständig eingesteckt sind und der Akku längst geladen ist oder das Laptop im standby läuft).
Mir ist dann aufgefallen, das mein im Labornetzteil eingebautes Multi-Funktionsmeter ja auch die Leistung mißt und offenbar auf
ganz andere Werte kommt (Eingangsleistung des SNT bzw. Ausgang des Variac). Demnach wäre der Wirkungsgrad deutlich besser als
meine Berechnung über das Oszilloskop. Nun weiß ich nicht, wie gut die Meßergebnisse eines solchen günstigen Multifunktionsmeters unter
dieser schwierigen Lastsituation mit div. Oberschwingungen sind und was nun verlässlicher ist.

Bin auf Eure Meinung gespannt! :roll:
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kilovolt
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Re: Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

Beitrag von kilovolt »

Hallo Multi-kv

erstmal vielen Dank für die ganzen Messungen. Du hast meinen Respekt, immerhin bist Du mal einer, der wirklich hartnäckig und fachmännisch versucht, den Dingen auf den Grund zu gehen.

Einige Gedanken zu den Messungen selber:
Vermutlich ist es mit dem gegebenen Equipment nicht so ohne weiteres möglich, solche Messungen verlässlich durchzuführen. Bei der Oszilloskopmessung besteht ganz eindeutig das Problem, dass man den Phasenwinkel nicht genau genug rauslesen kann. Ausserdem weiss man zwar die Signalform, aber um die mittlere Leistung zu bestimmen, müsste man mit dem Integral unter der Kurve rechnen. Spätestens ab diesem Punkt wird eine genaue Messung so gut wie unmöglich. Es bleiben zuviele Unsicherheiten. Eine weitere Problematik liegt bei der Oszilloskopvariante auch bei der Shuntmessung und bei der Übertragung dieser tiefen Spannung zum Scope. Besser wäre eine Messung mit einer Leckstromzange, welche bis hinunter in den mA- oder gar µA-Bereich kommt und gleichzeitig eine hohe Bandbreite bietet. Aber selbst mit einer teuren Leckstromzange hätte man obenerwähnte Probleme beim Ablesen des Scopesignals.

Zur Messung mit dem Energiekostenmessgerät:
Auch hier würde ich nicht die Hand dafür ins Feuer legen, dass dieses Gerät bei kleinen Leistungen vernünftig eingesetzt werden kann. Meistens sind Gerätespezifikationen nur innerhalb von 10 bis 90% des Messbereichs tatsächlich gültig. Ausserhalb dieses Bereichs hat man dann entweder gar keine Spezifikation oder man muss verschlechternde Faktoren einrechnen. Wenn Du mit einem Gerät, das sagen wir mal bis 2500W messen kann nur 2.5W misst, dann bist Du weit entfernt von den 10% des Ranges.

Ich möchte aber noch etwas ganz anderes zu bedenken geben. Normalerweise zieht jeder Verbraucher halt immer eine Grundleistung. Diese Grundleistung liegt selten unter etwa 2 bis 3 Watt, wenn es ein aktives, netzbetriebenes Gerät ist. Es liegt damit auf der Hand, dass sich der Wirkungsgrad in dieser Leistungsklasse schon fast nicht mehr vernünftig beschreiben lässt, denn wenn man nur 1Watt in der Last umsetzt und das Gerät halt 3W zieht vom Netz, dann hat man schon nur noch 33% Wirkungsgrad. Wenn in der Last dann jedoch 3W umgesetzt werden und das Netzgerät 4W zieht, so liegt der Wirkungsgrad plötzlich wieder bei vermeintlich guten 75%. Tatsache ist aber, dass es in der Praxis kaum eine Rolle spielt, ob nun 3W oder 4W vom Netz gezogen werden. Aus diesem Grund sollte man meiner Meinung nach hier nicht mehr den Wirkungsgrad in Form eines relativen Faktors in % betrachten, sondern eben die Absolutleistung, die das Gerät unter gegebenen Bedingungen vom Netz zieht. Betrachtungen zum Wirkungsgrad oder auch zum Anteil von Blindleistung etc. machen mehr Sinn bei hohen Leistungsaufnahmen.

Beste Grüsse
kilovolt
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Dogger
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Re: Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

Beitrag von Dogger »

Ich halte die 10,4 Ohm für ein Shunt sehr bedenklich.
Da du mit 100V schon sehr an die untere Grenze des Netzteil´s gehst kann bei einer gepulsten Last die Spannung im Netzteil schon stark zusammen brechen.
Ich würde sogar erwarten das der Wandler nie richtig schwingen kann weil er immer neu startet.
50% Wirkungsgrad bei einem schlechten Übersetzungsverhältnis und minimaler Auslastung ( 10%) halte ich aber auch nicht für unrealistisch.
Mich würde es Interessieren wie es aussieht bei 220V und 95% Last.
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Re: Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

Beitrag von Multi-kv »

Hallo kilovolt,

ich fürchte, Du hast Recht - ganz so einfach kann man diese Werte nicht mit der nötigen Genauigkeit ermitteln (zumindest nicht mit menem Equipment).
Habe schon selber gemerkt, das meine Meßergebnisse je nach Versuchsaufbau und Art der Messsung im Low-Last-Bereich extrem schwanken.
Mich hat aber vor allem interessiert, ob diese EU-Norm auch wirklich eingehalten wird, wonach solche SNTs im Leerlauf max. 0,5 W ziehen dürfen (was meiner Meinung nach ja sehr sportlich wäre).
Habe mich dieser Marke zwar von anfänglich vermuteten 5-10 W deutlich angenähert, eine verlässliche Bestätigung werden wir wohl aber nicht bekommen.

Richtig ist wohl, das unter schwacher Last der Wirkungsgrad schlechter wird und im schlechtesten Fall deutlich unter 50% liegen kann. Bei 80 - 100% Last
wird er wohl zwischen 80 und 90% liegen, ggf. etwas darüber.

Die Frage, welche Netzteile in welcher Lastsituation nun effizienter sind, bleibt damit weiterhin schwierig zu beantworten. Ich denke aber, das über ein großes
Lastspektrum ein Trafonetzteil mit Ringkerntrafo ohne Längsregelung die Nase vorn haben wird, zumindest ab einer gewissen Leistungsklasse (über 100 W).
Allgemein wird ja behauptet, das Schaltnetzteile den höheren Wirkungsgrad haben, aber das gilt wohl hauptsächlich im Vergleich zu Trafonetzteilen mit Längsregelung,
die ja bekanntlich mehr heizt als effizient regelt :-)
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Re: Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

Beitrag von Multi-kv »

Hallo Dogger,

Du hast Recht, daran hatte ich auch schon gedacht.
Habe allerdings auch die Spannung mal weiter aufgedreht, da ändert sich nicht wirklich viel im Verhältnis.
Das SNT startet schon bei unter 80 V und bei den sehr kleinen Primärströmen (auch in den Spitzen) sollten die 10 Ohm wirklich nicht viel ausmachen, denke ich.
Wollte den Shunt aber auch nicht zu klein machen, weil sonst die geringen Spannungen kaum verlässlich meßbar sind.

Man braucht wohl teures Laborequipment um das einmal verläßlich nach zu messen...

Bei 90% Last ist der Wirkungsgrad deutlich besser, glaube die Werte hatte ich in dem Parallelthread schon mal erwähnt,
der liegt dann bei knapp 90% (+/- 5%).
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kilovolt
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Re: Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

Beitrag von kilovolt »

Hallo Multi-kv

Eigenltich sehe ich nicht unbedingt den Shunt selber als Problem, sondern eher die Messung von den paar wenigen mV, die daran abfallen. Diese Problematik könnte man wohl mit einer aktiven Leckstromzange besser in den Griff bekommen, weil die Zange die Messspannung gleich "vor Ort" verstärkt und aufbereitet.

Gruss kilovolt
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DasHV
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Re: Effizienz/Wirkungsgrad von kleinen SNTs

Beitrag von DasHV »

Hallo,

Warum richtest du nicht einfach die 230v gleich. Mit einem großen Speicherelko und misst dann mit einem Shunt den Strom? Dem Netzteil ist es eh egal.
Grüße,
DasHV :D

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